„Über Prostituierte schreiben“
Ein vor Kurzem publizierter Artikel des US-Magazins Atlantic trug die Überschrift „Ist Pornografie Ehebruch?“ und merkte an, dass „dies naheliegender sein könnte als man allgemein denke“. Chefredakteur Ross Douthat betont darin, dass der Konsum pornografischen Materials offenbar ein eher männlich dominiertes Reservat darstellt als ein weibliches (eine Studie unter US-College-Studierenden von 2007 ergab, dass beinahe 50 % der Männer einmal pro Woche Pornografie konsumieren, verglichen mit nur 3 % der Frauen). Douthat hatte auch sofort die übliche Standardausrede dafür parat: Das sei eben nur so eine Männersache, vergesst es! Trotzdem schlussfolgerte er, dass Ehebruch ein allgemeines Phänomen werden könne, wenn man sich in die Hardcore-Pornowelt des heutigen Internets begäbe, um etwas Erleichterung „von den Unbilden der Monogamie“ zu finden.
„Es ist so leicht, zu sagen, dass die Verbreitung von Pornografie nur bedeutet, dass wir in Bezug auf Sex und Treue eine Wendung hin zu Realismus, Erwachsensein und Weltgewandtheit genommen haben. Alles, was wir aufgeben müssen, um dorthin zu gelangen, ist unser Sinn für Anstand.“
Interessanterweise lässt uns der Autor wissen, dass das Neue Testament etwas dazu zu sagen hätte und schreibt: „Der strikteste Standpunkt in dieser Angelegenheit kommt natürlich von Jesus von Nazareth“ (Matthäus 5, 27-28). Douthat erklärt weiter, dass sogar Christen die Forderung, Frauen nicht lüstern anzusehen, als eine unmöglich einzuhaltende Verfügung ansehen, ähnlich wie „die andere Wange hinzuhalten und einem Räuber die Sachen freiwillig zu geben“ – dies seien zwar großartige Vorschriften für Heilige, aber für den normalen Sünder nicht sehr hilfreich.
Was kann man dazu sagen? Ist es wirklich möglich, dass derjenige, dem zuerkannt wird, uns den größten moralischen Diskurs (die Bergpredigt) gegeben zu haben, andererseits unmöglich einzuhaltende Ziele steckte? Es darf nicht übersehen werden, dass die Anleitung über „geistigen Ehebruch“ eben aus dieser universell so gepriesenen Bergpredigt stammt (Matthäus 5-7). Dies ist ein Kodex, der zum Halten gedacht ist. Kaum jemand hat damit große Probleme, was Jesus über den „Geist des Mordens“ zu sagen hat: „Wer seinem Bruder zürnt [wut-/zornentbrannt ist], der ist des Gerichts schuldig“ (Matthäus 5, 22; Erklärung in Klammern hinzugefügt). Man bejaht den Wahrheitsgehalt dieser Aussage – dass Mord im Herzen beginnt und schon der „Geist des Mordens“, der einer Tat normalerweise vorausgeht, an sich etwas Verkehrtes ist wie die Tat selbst. Man will aber nicht so gerne einsehen, dass das Prinzip auch auf Ehebruch zutrifft, speziell wenn es um Pornografie geht.
Das Wort „Pornografie“ ist noch nicht sehr lange Teil unseres Sprachschatzes. Es stammt vom Griechischen pornographos, „über Prostituierte schreiben“. Heute definiert man Pornografie als „gedrucktes oder visuelles Material, das sexuelle Erregung stimulieren soll“. Mit dem Aufkommen des Internets ist es für jeden Nutzer einfacher geworden, nicht nur in der Fantasie sexuelle Beziehungen durchzuspielen, sondern ein virtueller Teilnehmer sexueller Erfahrungen zu werden. Kehren wir jedoch zurück zur Frage: „Ist Pornografie Ehebruch?“. Vielleicht sollten wir besser fragen: „Ist Pornografie falsch?“ An einer anderen Stelle im Matthäus-Evangelium wird Jesus von der damaligen religiösen Obrigkeit über die Grundlagen von Scheidung ausgehorcht. Er antwortet, dass sexuelle Unmoral einer der Gründe sei (Matthäus 19, 9). Verschiedene andere deutsche Übersetzungen geben das in der Lutherbibel von 1984 gebrauchte Wort „Ehebruch“ als „Unzucht bzw. Hurerei“ wieder. Die „English Standard Version“ übersetzt es mit „sexuelle Unmoral“. Das griechische Wort, das in Matthäus 19, 9 für Unzucht, Hurerei oder sexuelle Unmoral verwendet wird, ist porneia – ein Wort mit der gleichen Wurzel wie „Pornografie“, nämlich porne, „Prostituierte“. Porneia in der Verwendung durch Jesus beschreibt jede Art von ungesetzlichem Sexualverkehr bzw. verkehrten sexuellen Praktiken (nach biblischem Recht) und sexueller Untreue.
Wenn schon das sexuell begehrende Betrachten einer Frau (oder eines Mannes), die oder der nicht der eigene Ehepartner ist, von Jesus Christus als Ehebruch definiert wird und er ungesetzliche Sexualpraktiken irgendwelcher Art als Grundlage für eine Ehescheidung ansieht, kann man daraus nur schließen, dass Jesus die gegenwärtige Schwemme von Pornografie als höchst gefährlich empfinden würde, mit destruktiven Auswirkungen auf die ehelichen Beziehungen und das Familienleben, kurz gesagt, als sozial schädlich. Es gibt viele Gründe in dieser Hinsicht, „strikt“ zu sein. Es gibt viele Gründe, darauf hinzuweisen, dass es für jeden möglich ist, den „Geist des Gesetzes“ zu halten. Ohne das werden wir abgleiten, um es mit den Worten dieses Atlantic-Artikels zu sagen, in „eine Art Erniedrigung und Betrug, in die bisher immer nur eine Minorität der Männer verwickelt war.“
Lassen Sie uns doch ehrlich mit uns selbst sein und zugeben, dass Pornografie nicht ein notwendiges Übel ist. Sie ist schlicht und einfach falsch.