Unser gefährlicher Kern
Vor fast 30 Jahren, am 26. April 1986, ereignete sich der schlimmste Atomunfall der Weltgeschichte. Kurz nach 13:00 Uhr lösten Ingenieure des Kernkraftwerks von Tschernobyl in der Ukraine versehentlich zwei Explosionen aus, durch die eine 2.000 Tonnen schwere Platte über dem Reaktor gesprengt wurde, woraufhin radioaktive Teilchen und Stücke von festem Nuklearbrennstoff in die Luft gelangten. Innerhalb des zerborstenen Reaktors begann der Kern zu schmelzen, und das dadurch entstandene überhitzte Gemisch aus Uran, Plutonium und radioaktiven Abbaustoffen strömte wie Lava durch den Bau, dem es an angemessenen Rückhalteeinrichtungen für derartige Notfälle mangelte.
„Die Wissenschaft hat diese Gefahr hervorgebracht, aber das eigentliche Problem ist in den Köpfen und Herzen der Menschen.“
Die Explosionen und die darauf folgenden Brände spien eine radioaktive Wolke aus, die über Teile der Sowjetunion, Europa und schließlich um die ganze Erde zog. Noch heute befindet sich um die Ruine herum ein ca. 2.500 Quadratkilometer großes Sperrgebiet. Bis zum Jahr 2000 wurden alle der am Standort noch vorhandenen Reaktoren stillgelegt, doch die Entseuchung kommt wegen der anhaltend hohen Strahlung nicht voran. In der zerfallenen Ruine befinden sich noch immer schätzungsweise 200 Tonnen radioaktiver Brennstoff und Abbaustoffe.
Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, haben die G7-Staaten Mittel für das größte bewegliche Bauwerk bereitgestellt, das je an Land erstellt wurde. Dabei handelt es sich um einen riesigen Bogen aus Edelstahl, der über 100 Meter hoch ist und rund 1,5 Milliarden Euro kostet. Gegen Ende 2017 soll diese knapp 35.000 Tonnen schwere Hülle über den beschädigten Reaktor geschoben werden. Hundert Jahre lang soll sie Erdbeben, Tornados und extremen Temperaturen standhalten. Die Hülle verfügt über ein eigenes, hochmodernes Ventilationssystem, das radioaktiven Staub abfängt, während zwei robotisch ausgerüstete Krananlagen, die am Dach des Bogens befestigt sind, den Kern des Reaktors und die nuklearen Abbaustoffe bergen.
Rund 40 Jahre vor der Katastrophe von Tschernobyl, im Juni 1946, veröffentlichte die New York Times ein Interview mit einem Wissenschaftler, dessen Arbeit eine der Voraussetzungen für die Entwicklung der ersten Atomwaffen war: Albert Einstein. Wenige Monate zuvor hatten die USA Hiroshima und Nagasaki mithilfe von Uran- und Plutoniumbomben nahezu dem Erdboden gleichgemacht. Einstein sagte: „Es ist einfacher, Plutonium zu denaturieren, als das Böse in der Natur des Menschen unschädlich zu machen.“ Plutonium zu denaturieren bedeutet, es so zu verändern, dass es nicht mehr für Kernwaffen verwendet werden kann – es unter Kontrolle zu bringen, unschädlich zu machen.
Wie viel Zeit, Geld und Mühe wird es kosten, das Uran, das Plutonium und die radioaktiven Abbaustoffe in Tschernobyl zu beseitigen, um die Gefahr beherrschbar zu machen? Viele Menschen werden hundert Jahre daran arbeiten müssen; bis jetzt wurde in dieses Projekt schon über eine halbe Million Euro investiert. Bis zum Ende werden sich die Kosten auf zwei Milliarden Euro belaufen. Alles in allem eine kolossale Anstrengung. Doch Einstein sagte, Plutonium zu denaturieren sei nichts im Vergleich dazu, das Böse in der Natur des Menschen unschädlich zu machen, sodass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.
Aus biblischer Sicht ist der Mensch eine Kombination aus Gut und Böse, denn er ist unter den Einfluss eines Geistes geraten, der das Böse will. Jesus hat gesagt, dass alles Böse aus dem Herzen des Menschen kommt, seinem inneren Kern: „Denn aus ihm selbst, aus seinem Herzen, kommen die bösen Gedanken und mit ihnen Unzucht, Diebstahl und Mord; Ehebruch, Habsucht und Niedertracht; Betrug, Ausschweifung und Neid; Verleumdung, Überheblichkeit und Unvernunft. All das kommt aus dem Inneren des Menschen und macht ihn unrein“ (Markus 7, 21–23, Gute Nachricht Bibel). Das ist eine instabile Kombination, die zu keinem Zeitpunkt weit von der Kernschmelze entfernt ist – wie das hochgiftige Chaos in Tschernobyl. Michael Ledeen schreibt in diesem Zusammenhang: „Zivilisation […] ist eine dünne Lackschicht über den Sprengkräften des menschlichen Wesens, die ständig drohen, sie zu zerstören.“
Die einzige Möglichkeit, sie zu bändigen, ist notwendigerweise geistlicher Natur: Wir müssen einen anderen Geist annehmen – den heiligen Geist, der sich mit unserem verbindet, die negativen Kräfte neutralisiert und stattdessen positive Kräfte weckt: „Der Geist Gottes dagegen lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung“ (Galater 5, 22–23).