Was wir glauben – und warum
Wir glauben das meiste, was wir glauben, weil es uns jemand gesagt hat, nicht weil wir uns die Zeit genommen haben, es zu überprüfen. Es kann bei den kleinen Dingen im Leben wahr sein – oder bei den Dingen, auf die es wirklich ankommt. Unsere Eltern, Lehrer und Altersgenossen geben weiter, was sie glauben, und wir übernehmen es generell. Dieses Muster des Akzeptierens betrifft nicht nur allgemein geltende Vorstellungen, sondern auch Mythen, Vorurteile und politische Überzeugungen. Unsere „Ismen“ und Ideologien setzen sich allzu leicht fest, wenn wir nicht prüfen, woher sie kommen.
Wenn es gilt, einen großen oder lange gehegten Gedanken zu hinterfragen, vielleicht eine allgemein geltende Überzeugung, kann uns das so überwältigend viel abverlangen, dass wir uns einfach abwenden wollen. Wir glauben lieber das, was wir schon immer geglaubt haben. Aber hin und wieder kommt jemand, der sich der Herausforderung stellt.
Patrick Glynn arbeitet als hochrangiger Berater im Bereich Technikpolitik für das US-Energieministerium. Er hat über Außen- und Verteidigungspolitik und Wissenschaft geschrieben, aber auch über Religion. Sein Bildungsweg begann mit einer katholischen Grundschule und dann einer jesuitischen Oberschule. Doch wie viele von uns entfernte er sich allmählich von religiösen Überzeugungen. Er schrieb: „Als ich mein Studium in Harvard abschloss, hatte ich [die] moderne, säkulare Sicht komplett absorbiert. Doch ich blieb ein echter ,Agnostiker‘. Die Existenz Gottes hielt ich für sehr, sehr unwahrscheinlich, aber ich wusste es nicht. […] Als ich dann Ende der 1970er-Jahre promovierte, war ich überzeugter Atheist.“
Das ist kein ungewöhnlicher Werdegang. Doch was dann geschah, war atypisch. In dem Bestseller God: The Evidence: The Reconciliation of Faith and Reason in a Postsecular World von 1997 hat er seinen Weg nachgezeichnet. Der Wandel kam, weil er mutig genug war, seine säkularen Überzeugungen zu hinterfragen. Ob man seinen „Beweisen“ zustimmen möchte, ist natürlich eine persönliche Entscheidung, aber wichtiger ist, dass er bereit war, sich auf die Suche einzulassen.
„Heute gibt es, wie mir scheint, keinen guten Grund für einen intelligenten Menschen, sich der Illusion des Atheismus oder Agnostizismus hinzugeben, die gleichen Denkfehler zu machen wie ich. Ich wünschte – wie oft sagen wir das im Leben? –, ich hätte damals gewusst, was ich jetzt weiß.“
Ein anderer Autor mit dem Mut, die Überzeugungen seiner Generation zu hinterfragen, war der Wirtschaftswissenschaftler Ernst Friedrich Schumacher (1911–1977). Sein Weg führte auch ihn vom Übernehmen der großen zeitgenössischen Gedanken zu Skepsis und dann Ablehnung. Man stelle sich vor, es mit Darwin, Freud und Marx aufzunehmen – ganz zu schweigen von moderner Naturwissenschaft und ihrem Streben nach rein empirischem Wissen, und vom Relativismus, demzufolge es nichts moralisch Absolutes gibt. Was er als sechs dominante (und schädliche) Theorien bezeichnete, wurde der Hintergrund für seinen gefeierten Bestseller Small Is Beautiful: A Study of Economics as if People Mattered. In diesem Buch kommt der Mensch vor großen Konzernen, pfleglicher Umgang mit der Umwelt vor grenzenlosem Wachstum und Geben vor Nehmen.
Sowohl Schumacher als auch einige Jahre später Glynn erkannten, dass es nicht ausreicht, die großen Fragen des Lebens aus rein materieller Sicht anzugehen. Auch das Spirituelle muss angestrebt und praktiziert werden, wenn wir überleben wollen.
Schumacher schreibt: „In der Ethik wie in so vielen anderen Bereichen haben wir unser großes klassisch-christliches Erbe leichtfertig und mutwillig aufgegeben. […] Deshalb sind wir gänzlich unwissend, gänzlich ungebildet über das Thema, das von allen vorstellbaren Themen das wichtigste ist.“
Für Glynn führte der Weg fort vom Säkularismus und hin zu einem wertebasierten Leben. In seiner Schlussbemerkung fragte er: „Wenn der Verstand letztlich keinen Schutz gegen das Böse bietet, sind wir dann hilflos angesichts unserer Unwissenheit? Tatsächlich gibt es eine einfache Prüfung des Erkennens, die Jesus im Neuen Testament nennt und die wir ohnehin oft in der Praxis anwenden: ,An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen‘ (Matthäus 7, 16).“ In dieser Passage spricht Jesus darüber, Falschheit in Gestalt falscher Propheten zu erkennen, und Glynn vergleicht diese mit den falschen Propheten des Gottes „Verstand“. Er fährt fort: „Das moralische Gesetz ist für die Menschheit kein Geheimnis. Gott ist jenseits unseres Verstehens, aber seine Gebote sind es nicht.“
Würden Sie zustimmen, dass wir alle uns fragen müssen, warum wir glauben, was wir über den menschlichen Verstand glauben, und was wir über Erkenntnis wissen, die von Gott offenbart ist? Ist es Zeit, unsere Basis zu überprüfen?