Endloser Krieg und dauerhafter Frieden
Das Wesen des Menschen ist, wie es ist – wie wahrscheinlich ist angesichts dieser Tatsache eine dramatische Wende von globalisierter Rüstungsproduktion zu Abrüstung und weltweitem Frieden?
Die Literatur über Krieg ist riesig, aber wenn es darum geht, seine Ursachen zu verstehen, gibt es ein paar grundlegende Wahrheiten. Eine von ihnen ist, dass der Mensch „des Pudels Kern“ ist. Der Philosoph David Livingstone Smith schrieb: „An Krieg kann man aus vielen Blickwinkeln herangehen […] , aber es gibt eine Dimension, die ihnen allen zugrunde liegt: das Grundgestein des menschlichen Wesens. Um Krieg zu verstehen, müssen wir uns selbst verstehen“ (The Most Dangerous Animal).
Eine Möglichkeit, wie wir beginnen können, uns selbst und unsere Konfliktneigung besser zu verstehen, ist eine Untersuchung unserer Bereitschaft zum Bau und Einsatz von Massenvernichtungswaffen. Dass Menschen das fast weltweite Projekt Krieg immer mehr dulden, ist klar – nur sehr wenige Länder sind dauerhaft neutral oder haben kein Militär. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts sind die weltweiten Verteidigungsausgaben auf über 2,1 Billiarden US-Dollar gestiegen; das bedeutet 268 Dollar für jeden Menschen auf der Erde.
Laut dem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) von 2022 waren die USA dabei führend mit 38 % der weltweiten Aufwendungen, das heißt 801 Milliarden Dollar. Weit dahinter folgten China (293), dann Indien (76,6), Großbritannien (68,4) und Russland (65,9). Europas gemeinsame Aufwendungen betrugen insgesamt 418 Milliarden US-Dollar. Zwar betrafen die Mehrausgaben vor allem konventionelle Waffen, doch merkte das SIPRI ernster an: „Die neun Staaten, die Kernwaffen besitzen, arbeiteten alle daran, ihre Kernwaffenarsenale auszubauen.“
Anhand statistischer Daten des SIPRI und weltweiter globaler Agrarforschung kontextualisiert der Wissenschaftsautor Julian Cribb dieses Ausmaß der Verteidigungsausgaben wirksam mit den Worten: „Man könnte die Menschheit definieren als eine Art, die für bessere Methoden, sich umzubringen, 34-mal so viel ausgibt wie für bessere Methoden, sich zu ernähren.“
„Die wesentliche und unveränderte Wahrheit des Krieges ist die Interaktion von Menschen. Doch der Charakter des Krieges bzw. die Mittel, mit denen Menschen Kriege führen, haben sich stetig weiterentwickelt.“
Natürlich steht das nicht einfach im Verhältnis eins zu eins. Einige reichere Länder wenden einen höheren Prozentsatz ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für ihren Verteidigungshaushalt auf als andere. So geben zum Beispiel die USA weit mehr aus als Saudi-Arabien oder Russland, doch der Anteil am BIP beider Länder – 6,6 % bzw. 4,1 % – ist höher als der der USA mit 3,5 %. Auch haben einige Länder angesichts ihrer jüngeren Geschichte über viele Jahre ihre Verteidigungsausgaben freiwillig begrenzt (Deutschland) oder die Beteiligung an einem Krieg ausgeschlossen (Japan) und viele ärmere Länder können sich hohe Verteidigungsausgaben einfach nicht leisten. Manche Länder werden durch andere geschützt, zum Beispiel Grönland durch Dänemark und die neutrale Vatikanstadt durch die Schweiz (obwohl offiziell ebenfalls neutral). Das Gesamtbild ist deshalb sehr unausgeglichen. Doch im Großen und Ganzen ist es sicher so, dass in den meisten Ländern das Kriegshandwerk gelernt und ein gewisses Maß an militärischer Bereitschaft angestrebt wird.
Hier kommt der weltweite Waffenhandel ins Bild. Für 2017 bis 2021 hat das SIPRI 60 große und kleine Länder identifiziert, die Großwaffen herstellen und exportieren. Manchen geht es um Autarkie, andere sind auf dauernde Abhängigkeit beschränkt. In demselben Zeitraum haben 163 Länder Rüstungsgüter importiert. Auf die ersten fünf – Indien, Saudi-Arabien, Ägypten, Australien und China – entfallen 38 % der gesamten Rüstungsimporte.
Wenn man darüber nachdenkt, ob Kriege jemals ein Ende haben werden, ist es hilfreich, zu berücksichtigen, wie der heutige globale Rüstungskomplex entstanden ist. Die Rüstungsindustrie war nicht immer so bedeutend; ihr Aufstieg begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwar gab es schon vor und im Ersten Weltkrieg in geringem Umfang eine industrialisierte Waffenproduktion, aber erst der Aufstieg der Nazis und die globale Reaktion der Alliierten öffneten den Waffenschmieden die Tür. Der dann folgende Kalte Krieg zwischen Ost und West, in dem die Supermächte USA und Sowjetunion einander gegenüberstanden, bescherte der Waffenproduktion ein jahrzehntelanges Wachstum.
Der ständige Krieg in weiten Teilen der Erde brachte der Rüstungsindustrie in den folgenden 50 Jahren den Impetus zur Globalisierung und er förderte eine rasante technologische Entwicklung. Dies geschah nicht nur in den USA, der Sowjetunion (später der Russischen Föderation) und Westeuropa, sondern auch in China, Indien, Israel, Südafrika und Brasilien.
In den letzten 30 Jahren wurden neue Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten entwickelt. Mehrere spezifische Technologien – Ergebnisse der vierten industriellen Revolution – dürften in diesem Jahrhundert starke Auswirkungen auf das militärische Handeln haben. Laut dem Militärstrategen Mick Ryan umfasst dies „künstliche Intelligenz, Robotik, Quantentechnologie, Biotechnologie, Strahlenwaffen, Hyperschall, Raumtechnologie und additive Herstellung [3-D-Druck].“
Ähnlich äußert sich Thomas Hammes, Spezialist für Aufstandsbekämpfung: „Fortschritte in der Nanotechnologie, Drohnen, aufgabenspezifische künstliche Intelligenz und Raumfahrt werden direkte Auswirkungen haben. […] In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren wird ihre Konvergenz die Entglobalisierung und bedeutende Veränderungen im Charakter des Krieges vorantreiben.“
„Unbemannte Systeme werden das Gefechtsfeld vom Weltraum bis unter die Weltmeere saturieren. Sensoren werden allgegenwärtig sein. […] Überschallflugzeuge werden die Abgrenzung zwischen Atmosphäre und Weltraum verwischen. […] Biotechnologie wird die Abgrenzung zwischen Mensch und Maschine verwischen.“
Natürlich wäre nichts von diesen Entwicklungen ohne den Faktor Mensch möglich. Und obwohl technologische Entwicklung bei der Wesensveränderung von Krieg eine zentrale Rolle spielt, ist es das menschliche Element, das immer dominieren wird. Ryan schreibt: „Trotz massiver und anhaltender Fortschritte in der Technologie wird es die Kombination neuer Ideen, neuer Institutionen und gut ausgebildeter und gebildeter Menschen sein, die sich für militärische Organisationen als entscheidend im Wettbewerb und Krieg des 21. Jahrhunderts erweisen wird.“ Allgemeiner gesprochen liegt der scheinbaren Unvermeidlichkeit von Krieg das menschliche Element zugrunde: „Die Destruktivität, die Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit, die relative Unbarmherzigkeit eines Krieges hing nie von den Waffen ab, die den Kriegern zur Verfügung standen. Sie hing vielmehr davon ab, was in den Köpfen der Krieger war“ (Angelo Codevilla und Paul Seabury, War: Ends and Means).
Ein komplexes Problem
In einer Welt, die sich nach Abrüstung und Frieden sehnt, wird Krieg deshalb ein globalisiertes Problem bleiben. Die Rüstungsindustrie ist ein entscheidender Faktor der Gleichung: Sie liefert, was militärische Organisationen und Regierungen nachfragen, weil sie neue Arbeitsplätze und wachsende Rüstungsexporte brauchen, um den Wohlstand in ihren Ländern zu mehren.
Dies wirft grundsätzliche moralische Fragen auf – allerdings nicht zum ersten Mal. Nach dem Zweiten Weltkrieg fasste der amerikanische General Omar Bradley das moralische Defizit zusammen, das in jenen Jahren deutlich geworden war. Er sagte 1948: „Die Welt hat brillante Intelligenz ohne Weisheit, Macht ohne Gewissen erreicht. Wir leben in einer Welt der nuklearen Riesen und der ethischen Zwerge. Wir wissen mehr über den Krieg als über den Frieden und mehr über das Töten als über das Leben.“
Trotz Bradleys scharfsichtiger Analyse konnte der „militärisch-industrielle Komplex“ in Amerika unter US-Präsident Dwight D. Eisenhower (1953–1961), der im Krieg ebenfalls General gewesen war, in phänomenaler Weise wachsen und sich entwickeln. Doch als die Zeit kam, aus dem Amt zu scheiden, warnte auch er in seiner Abschiedsrede vor den Gefahren, die das unablässige Vormachtstreben mit militärisch-industriellen Mitteln birgt. Er sagte: „In den Gremien der Staatsführung müssen wir uns davor hüten, dass der militärisch-industrielle Komplex – ob bewusst angestrebt oder nicht – einen unberechtigten Einfluss erlangt. Das Potenzial für einen katastrophalen Machtzuwachs an der falschen Stelle besteht und wird bleiben.“
Heute ist der militärisch-industrielle Komplex weit mächtiger und einflussreicher, als sich Eisenhower hätte vorstellen können. Der Bericht „World Military Expenditures and Arms Transfers“ (Weltweite Verteidigungsausgaben und Waffentransfers) des US-Außenministeriums von 2021 meldet: „Offenbar entfallen etwa 79 % des weltweiten Umsatzes mit Waffen auf Lieferungen aus den USA, rund 10 % kommen aus der Europäischen Union, rund 5 % aus Russland und unter 2 % aus China.“
Als Begründung für diese Ungleichheit wird gewöhnlich angeführt, dass die USA im Unterschied zu anderen Ländern weltweite Verpflichtungen haben. Bei den Rüstungsausgaben und der Entwicklung der Rüstungstechnik gab es in den letzten Jahrzehnten Aufwärts- und Abwärtstrends, doch die Zukunft der Branche scheint nun von fünf Faktoren abzuhängen. Laut dem Militär- und Rüstungsanalysten Richard Bitzinger sind dies die hierarchische Struktur der globalen Rüstungsindustrie, die Verteidigungsausgaben, der globale Markt für Rüstungsgüter, deren globalisierte Produktion (Hammes zufolge wird die Produktion allerdings in den nächsten Jahren entglobalisiert und stärker regional werden) und die sich abzeichnende Revolution militärischer Vorgehensweisen auf der Basis von Informationstechnologie.
Im Folgenden werden diese Faktoren genauer betrachtet und die Wahrscheinlichkeit eines dramatischen Umschwungs von der globalisierten Rüstungsproduktion zur Abrüstung und zum weltweiten Frieden wird geprüft.
Entscheidende Faktoren
Auf der globalen Ebene wird die Rüstungsindustrie von einigen wenigen Hauptakteuren bestimmt. Derzeit haben die zehn einflussreichsten Akteure mit der größten Produktion und dem meisten Geld für Forschung und Entwicklung zusammen einen Marktanteil von nahezu 92 %. Es sind die USA, Russland, Frankreich, China, Deutschland, Italien, Großbritannien, Südkorea, Spanien und Israel. Andere auf der zweiten, dritten oder vierten Rangstufe der Rüstungshierarchie mögen anpassen und modifizieren oder kopieren und reproduzieren, was diese führenden Länder vorgeben – konkurrieren können sie schlichtweg nicht. Sie haben nur die Wahl, die hohen Kosten der Abhängigkeit zu tragen oder den Anschluss zu verlieren.
Angesichts der starken Verflechtung der „erstrangigen“ Länder mit ihren Rüstungsindustrien dürften diese kaum ins Wanken geraten. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Schwierigkeit, die Rüstungsindustrie von nationalem Wohlstand und Beschäftigung in solchen Ländern abzukoppeln. Das SIPRI berichtet: Die „starke Beziehung zwischen Rüstungsunternehmen und Regierungen sowie die wahrgenommene Bedeutung dieser Industrie für die nationale Sicherheit […] schirmen sie gegen unmittelbare Auswirkungen auch starker wirtschaftlicher Abschwünge ab. Diesen Status spiegeln die weiterhin hohen Umsatzerlöse, hohen Gewinne, großen Auftragsüberhänge und starken Cashflows wider, die mit der Herstellung von Rüstungsgütern erzielt werden“. Wenn das in den Ländern der Fall ist, die den größten Teil der Rüstungsgüter produzieren, ist ein nennenswerter Rückgang dieser Produktion unwahrscheinlich.
Der zweite Faktor sind die Verteidigungsausgaben dieser und anderer Länder, die ihrerseits von vielfältigen Faktoren beeinflusst werden. Nicht immer nehmen sie zu. Große Umwälzungen der geopolitischen Landschaft wie zum Beispiel der Zusammenbruch der Sowjetunion und seine Folgen für die Länder in ihrem Einflussbereich wirken sich auf die Produktion und den Absatz aus.
Die Friedensdividende, die das Ende des Kalten Krieges brachte, bedeutete viele Entlassungen in der Rüstungsindustrie und in den verbundenen Branchen und Waffenschmieden konsolidierten sich oder fusionierten. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts sind die Rüstungsausgaben jedoch wieder gestiegen – lang geplante Projekte wurden abgeschlossen, die Kriege im Irak, in Afghanistan und in mehreren Ländern Ost- und Südasiens haben die Ausgaben in die Höhe getrieben. Dem SIPRI zufolge war Chinas Verteidigungshaushalt 2021 mit geschätzten 293 Milliarden Dollar um 4,7 % größer als 2020. Russlands Ausgaben stiegen 2021 im dritten aufeinanderfolgenden Jahr – um 2,9 % auf 65,9 Milliarden Dollar – wahrscheinlich wegen der wachsenden Kosten des Krieges gegen die Ukraine. Da bei einem Kriegsausbruch immer das Element Überraschung mitspielt, ist es naiv, zu erwarten, die Nachfrage nach Rüstungsgütern werde irgendwie verschwinden.
Drittens sind keineswegs alle Rüstungsgüter, die ein Land produziert, für seine eigene Verteidigung bestimmt. Im globalen Rüstungsmarkt produzieren einige führende Waffenschmieden hauptsächlich für den Export. Wie bereits angemerkt entfiel der Löwenanteil der weltweiten Rüstungsexporte auf Hersteller in den zehn führenden Ländern. Es ist klar, dass der Waffenbasar so verflochten, internationalisiert und von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt ist, dass es außerordentlich schwierig wäre, ihn zu entflechten und in nennenswerter Weise zu verändern.
Ein vierter und damit verbundener Faktor ist der Trend fort von einzelstaatlichen Waffenherstellern und hin zu multinationalen Rüstungskonzernen. Auch wenn die Hersteller in den kommenden Jahren möglicherweise die Globalisierung zurückfahren und mehr auf regionale Beziehungen setzen, wird Rüstung ein dominanter Aspekt des Welthandels bleiben. Dabei geht es nicht einfach um Auslandsinvestitionen, sondern um Joint-Ventures und grenzübergreifende Fusionen und Übernahmen. Dadurch wird die Position der einzelnen Staaten im Fall schwerer Konflikte geschwächt. Kein Staat kann riskieren, Geisel kriegswichtiger Produktion außerhalb seiner Grenzen zu sein. Dies gilt besonders im Zusammenhang mit den spezialisierten Bauelementen, die für modernste Technologien erforderlich sind. Die Globalisierung der Rüstungsproduktion macht die Länder, wo die Produktionsanlagen stehen, auch anfällig gegenüber Kriminellen, die sich Zugang zu modernster Technik verschaffen wollen. Doch Rüstungsgüter werden sowohl vom jeweiligen Standortland der Produktionsanlagen als auch vom Hersteller so unbedingt gebraucht, dass das Geschäft kaum zurückgeschraubt werden dürfte.
Der fünfte Faktor, der die globale Rüstungsindustrie unweigerlich beeinflusst, ist die kontinuierliche Nachfrage nach immer besseren Waffen und Systemen. Laut Bitzinger ist die Revolution militärischen Agierens „nichts Geringeres als eine Paradigmenverschiebung im Charakter und in der Durchführung von Kriegshandlungen, und daher wird sie als ein diskontinuierlich und zerstörerisch verlaufender Wandel gesehen (im Gegensatz zu evolutionärem und erhaltendem Wandel)“. Was er beschreibt, ist die netzwerkzentrierte Kriegsführung, das heißt Kriegsführung mithilfe von vernetzten Computern, Sensoren, Mikroelektronik, Miniaturisierung und verbundenen Technologien.
„Die Konkurrenz kriegführender Länder um mehr Bits und Bytes wird härter sein als die Konkurrenz um Kugeln und Bomben.“
Auf diese Verschiebung werden sich Waffenhersteller einstellen müssen und es gibt keinen Anlass, zu glauben, dass sie das nicht tun werden. Das zeigt die zunehmende Entwicklung und Nutzung von „Drohnen“ – unbemannten Fluggeräten für Aufklärungszwecke, Kommunikation und Angriffe.Die Einführung der Drohnen Predator, Reaper und Global Hawk in das Kriegsgeschehen in Irak/Afghanistan/Pakistan hat die Form des Konflikts verändert. Diese Waffen, oft aus großer Ferne von Luftwaffenstützpunkten abgeschossen und von weit entfernten Bodenstationen aus gesteuert, sind tatsächlich komplette Systeme. Nun sind Tausende solcher Drohnen im Einsatz für Anwendungen in der Luft, am Boden und auf See.
Vergrößert wird die Komplexität, Gefährlichkeit und Zerstörungskraft durch die Einführung von Drohnenschwärmen und autonomen Waffen, die suchen und zerstören. Weil viel von der zugrunde liegenden Technologie öffentlich verfügbar ist, bedeutet die Verbindung von 3-D-Druckern mit künstlicher Intelligenz und Drohnentechnologie, dass nicht militärische Akteure für 2500 Dollar eine sehr gefährliche Waffe in die Hand bekommen können. Hammes schreibt: „Durch die Konvergenz neu aufkommender Technologien entsteht eine neue Generation kleiner, intelligenter und billiger Waffen. Diese Waffen werden die Fähigkeit kleiner Staaten und sogar nichtstaatlicher Akteure, große Mächte herauszufordern, dramatisch erhöhen.“
Auch angesichts dieser Umstände ist es unwahrscheinlich, dass die Rüstungsindustrie aufhört, für neue Kriegswaffen zu forschen und sie zu produzieren. Vor einigen Jahren schrieb der Verteidigungsstratege und Zukunftsforscher Peter W. Singer, er habe immer stärker den Eindruck, dass „wir mitten in etwas Wichtigem sind, vielleicht sogar einer Revolution der Kriegsführung und der Technik, die buchstäblich die menschliche Geschichte verändern wird“. Wie wir sehen, ist das nun Realität.
Eine andere Sicht
Als Nebenbemerkung zu dieser neuen Stoßrichtung des militärisch-industriellen Denkens schreibt Victor Davis Hanson: „Selbst wenn sich Technologien und Ideologien ändern, wenn neue Propheten neuartige Strategien und unkonventionelle Lehren verkünden, wird der Konflikt unser aller altbekannter Vater bleiben – solange das Wesen des Menschen über Raum, Zeit und Kulturen hinweg konstant und unverändert bleibt.“ Er kommt zu dem Schluss: „Krieg ist ein ganz und gar menschliches Unterfangen“ (The Father of Us All: War and History, Ancient and Modern, 2010).
Und hier ist der Ausgangspunkt für eine Betrachtung der biblischen Dimensionen dieses globalen Problems Krieg. Krieg, wie wir ihn kennen, ist in der Tat ein ganz und gar menschliches Unterfangen. Aber was ist da im Herzen des Menschen, das ihn immer wieder so tief sinken lässt, dass er einen anderen Teil der Menschheit ausrottet?
Manchmal ist es Neid. Beim ersten überlieferten Mord im ersten Buch der Bibel tötet ein Mann seinen unschuldigen Bruder, „weil seine Werke böse waren und die seines Bruders gerecht“ (1. Johannes 3, 12). Diesen Schluss zieht der Apostel Johannes aus der Menschheitsgeschichte seit jenen frühen Tagen. Mit anderen Worten: Es gibt gutes und böses Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen. Ein Kommentator schreibt über Kain: „Es ist, als könnte er es nicht abwarten, seinen Bruder zu vernichten – die Lösung eines natürlichen Mannes für sein eigenes Versagen.“ Wie oft hat Neid eine Rolle gespielt, wenn ein Volk andere angriff?
Jakobus, der Bruder Jesu – ein weiterer Autor des Neuen Testaments – stellt die Frage: „Woher kommt der Kampf unter euch, woher der Streit? Kommt’s nicht daher, dass in euren Gliedern die Gelüste gegeneinander streiten? Ihr seid begierig und erlangt’s nicht; ihr mordet und neidet und gewinnt nichts; ihr streitet und kämpft und habt nichts, weil ihr nicht bittet“ (Jakobus 4, 1–2).
„Das Wesen des Menschen ist konstant, trotz radikaler Veränderungen in Technologie, Gesellschaftssystemen und physischen Landschaften. Diese düstere Realität sollte uns daran erinnern, dass die Lackschicht der Zivilisation immer sehr dünn ist, die inhärente Barbarei der Menschheit hingegen für immer sehr tief.“
Es liegt nicht daran, dass wir die Notwendigkeit und die Vorteile des Friedens nicht erkennen. Es gibt viele Institutionen, die sich für den Frieden einsetzen. Woodrow Wilson, der vielleicht größte Idealist unter den modernen US-Präsidenten (1913–1921), arbeitete unermüdlich für die Schaffung des Völkerbundes. Trotz gut dokumentierter Schwächen setzte er sich für sein großes Ziel, den Frieden, ein. Wilson war ein hochintelligenter Mann von echter Frömmigkeit. Doch er konnte sein Ziel nicht erreichen, obwohl sich ihm andere führende Köpfe der Welt mit guten Absichten anschlossen.
Innerhalb von 20 Jahren nach dem Ersten Weltkrieg stand wieder die ganze Welt am Abgrund entsetzlicher Gewalt. Der Krieg, der alle Kriege beenden sollte, war eine verlorene Hoffnung.
Die Vereinten Nationen haben die Ziele des Völkerbundes geerbt. Vor ihrem Gebäude in New York steht eine Skulptur – 1959 von der Sowjetunion gestiftet –, auf deren Sockel das Ideal des Friedens mit einem Zitat aus dem prophetischen Buch Micha ausgedrückt ist: „Let us beat our swords into plowshares“ (Lasst uns unsere Schwerter zu Pflugscharen machen). Sechzig Jahre später ist wenig Fortschritt zum weltweiten Frieden zu erkennen. Wie idealistisch menschliche Führungspersönlichkeiten auch sein mögen – offenbar überwindet die Menschheit nie diese Tendenz, die aussieht wie ein Todestrieb.
Bedeutet das, dass es nie Frieden geben kann? Hanson würde sagen: Nicht solange das Wesen des Menschen ist, wie es ist. Doch was meinte der Prophet, als er schrieb: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“ (Micha 4, 3)? Ist das einfach unsinniger Idealismus? Oder gab er einen göttlichen Auftrag wieder? Ist es möglich, dass für die Erde noch eine Zeit kommt, in der das Ende des Krieges Realität sein wird? In der die Menschen einfach nicht mehr lernen, Krieg zu führen?
Jesus von Nazareth brachte eine klare Botschaft von einer kommenden Zeit des Friedens in aller Welt, in der das Wesen des Menschen verwandelt werden würde. Er sprach von einer kommenden Zeit der „Wiedergeburt“ (Matthäus 19, 28). Der Apostel Petrus sprach von „der Zeit, in der alles wiedergebracht wird“ (Apostelgeschichte 3, 21), und Paulus berief sich auf die älteren Propheten, als er schrieb: „Geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede“ (Römer 8, 5–6). Es war der Prophet Jeremia, der Gottes Antwort auf die dunkle Seite des menschlichen Wesens niedergeschrieben hatte: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein“ (Jeremia 31, 33). Dies ist der Weg der Wandlung für das Menschenherz und er allein kann zu einem Frieden führen, der von da an bereitwillig selbst geschaffen wird.
Kann man in der Zwischenzeit irgendetwas tun? Wie so viele andere Probleme, die alle Menschen betreffen, fängt man am besten zu Hause an, bei sich selbst. Der Geist jedes einzelnen Menschen kann jetzt erneuert und friedlich gemacht werden. Wie? Auf die Weise, die seit Jahrtausenden bekannt ist, aber wenig praktiziert worden ist. Derselbe Prophet, der davon schrieb, Waffen zu Geräten für friedliche Produktion zu machen, erklärt: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6, 8). Dieser Gott sagt uns: „Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird gesät in Frieden für die, die Frieden stiften“ (Jakobus 3, 17–18).