Die Zukunft der Landwirtschaft
Teil 1
Die Zukunft der Landwirtschaft steht und fällt mit der reichlichen Verfügbarkeit von gesundem Boden, die wiederum davon abhängt, wie klug wir Menschen mit der Natur umgehen.
Für unser Leben ist nur wenig von grundlegenderer Bedeutung als unsere Fähigkeit, Nahrungsmittel zu erzeugen. Deshalb ist die Geschichte der Landwirtschaft fast ebenso lang wie die Geschichte des Menschen selbst. Doch mit der wachsenden Weltbevölkerung und dem Aufkommen neuer Technologien hat sich die Art, Landwirtschaft zu betreiben, im Lauf des letzten Jahrhunderts dramatisch verändert.
Der Deutsche Achim Dobermann leitet das britische Forschungsinstitut Rothamsted Research, dessen Schwerpunkt „strategische Agrarwissenschaft zum Nutzen von Landwirten und der Gesellschaft weltweit“ ist. Mit ihm sprach David Hulme kürzlich über Rothamsteds Arbeit und die Zukunft der Landwirtschaft. Teil 1 befasst sich mit der Erosion und Verschlechterung von Böden sowie den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Natur.
DH Wie beschreiben Sie Rothamsteds Standpunkt zur Landwirtschaft?
AD Wir sind in mehrfacher Hinsicht ziemlich in der Mitte. Es ist nicht unsere Aufgabe, aus ideologischen Gründen oder kommerziellem Interesse für irgendein Produkt oder eine Praxis zu werben. Wir sind eine gemeinnützige Organisation. Unser Ansehen beruht auf 176 Jahren guter wissenschaftlicher Arbeit auf unabhängiger Basis. Das ist unsere Aufgabe. Wir beteiligen uns also nicht von einem extremen Standpunkt aus an irgendwelchen Auseinandersetzungen. Uns interessiert die wissenschaftliche Evidenz hinter den Dingen, einschließlich der Dinge, die nicht genug wissenschaftliche Glaubwürdigkeit oder Evidenz haben.
Nehmen wir z. B. Pestizide. Unsere Sicht ist, dass wir mindestens in nächster Zeit noch chemische Lösungen brauchen werden, aber neuartige. Wir nennen das intelligenten Pflanzenschutz. Wir töten zu viele Dinge, die wir nicht töten sollten. Wir bringen Chemikalien aus, die nicht nötig sind und die im Grundwasser landen. Statt also gedankenlos die Felder nach Prophylaxeplänen zu besprühen, die besagen, man müsste alle zehn Tage etwas sprühen, wollen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der besagt: Erst einmal muss man Feldfrüchte herausbringen, die ein höheres Maß an inhärenter genetischer Widerstandsfähigkeit gegen Insekten oder Krankheiten haben oder die vielleicht sogar attraktiv für bestimmte Nützlinge sind.
Das Zweite ist Information durch Echtzeitüberwachung mit neuer Technologie, um immer einen Schritt voraus zu sein: zu wissen, welche Pathogene und Stämme kommen, wann und wo, oder welche Insekten unterwegs sind. Dann nutzt man diese Informationen als dritte Komponente, um wesentlich zielgerichteter und präziser zu intervenieren – ob es eine ökologisch inspirierte agronomische Intervention ist oder, bei bestimmten Dingen, eine Chemikalie. Die vierte Komponente ist, dass wir immer mehr dahin kommen wollen, synthetische Chemikalien durch biologischere Lösungen zu ersetzen, einschließlich Resistenz durch Genveränderung und neue biologische Produkte für bessere Pflanzengesundheit.
Dies ist ein integriertes Management für den Pflanzenschutz, das vermeidet, dass Landwirte enorme Risiken eingehen, indem sie gar keine Chemikalien einsetzen. Vielleicht kann man mit der Zeit die Abhängigkeit von Pestiziden noch weiter verringern, denn wenn man es sich ansieht, mag eigentlich niemand Pestizide. Die Öffentlichkeit mag sie nicht und die Regulierungsbehörden wollen nur noch mehr vom Markt nehmen. Für Landwirte sind es hohe Kosten und dazu kommt die Gesundheitsgefährdung; und selbst die Industrie tut sich immer schwieriger, neue Verbindungen herauszubringen, die funktionieren. Deshalb hat das für mich keinen großen Anteil an der Zukunft der Landwirtschaft.
DHEines der schwerwiegendsten Umwelt- und Gesundheitsprobleme, mit denen die Gesellschaft konfrontiert ist, ist die Bodenerosion. Es wird behauptet, jedes Jahr gingen über 75 Milliarden Tonnen Ackerkrume verloren, und in Teilen des amerikanischen Mittelwestens sei im Lauf eines Jahrhunderts die Hälfte der Ackerkrume verschwunden. Welche Praktiken haben uns so weit gebracht?
ADSobald man anfängt, natürliches Land aufzupflügen, setzt man es der Witterung aus und verliert Boden durch Wasser- oder Winderosion. Die Zahlen, die ich für Iowa gesehen habe, legen nahe, dass wir in den letzten 150 Jahren irgendwo zwischen 15 und 20 Zentimeter Ackerkrume verloren haben. Der jährliche Schwund liegt bei etwa fünf oder sechs Tonnen pro Acre [ca. 0,4 Hektar]. Ob das die Hälfte der Ackerkrume ist oder nicht, hängt von der Tiefe des Bodens ab. Änderungen der Bodennutzung, Ackerbau und die Einwirkung von Wind und Wetter sind die Hauptursachen. Deshalb können wir etwas dagegen tun.
„Wenn man sich die offiziellen Daten für die 25 Jahre von 1982 bis 2007 ansieht, erkennt man – als Durchschnittswert für die gesamten USA – einen Rückgang der Erosion durch Wind und Wasser um rund 30 Prozent. Aber das ist noch nicht genug.“
DHWas halten Sie von der Vorhersage, wir könnten 2050 keine Ackerkrume mehr haben?
ADIch halte das für wissenschaftlich nicht sehr glaubhaft, denn wir haben schon immer Bodendegeneration verschiedener Arten gehabt. Erosion ist eine davon; andere haben mit der Erschöpfung organischer Stoffe und Nährstoffe zu tun, mit Verdichtung, Übersäuerung, Versalzung oder Wüstenbildung. Manche sind durch besseres Management reversibel: Wenn man den Boden übersäuert, kann man diesen Verlust an Bodengesundheit korrigieren, indem man Kalk ausbringt oder den Boden anders bebaut.
Das größere Problem ist, dass Verlust an Bodengesundheit Verlust an Bodenkapital bedeutet und dass man diesen Verlust durch Bodenmanagement kompensieren muss, um die gleiche Produktivität zu erreichen. Im Vergleich zur natürlichen Nutzung von Land verändert jede Art menschlicher Aktivität den Boden. Das ist unvermeidlich, aber wir wissen auch, dass wir Böden mit den richtigen Praktiken verbessern können.
DHAber gibt es nicht Kipppunkte? Carter und Dales haben 1955 in ihrem Buch Topsoil and Civilization z. B. das Mittelmeerbecken dokumentiert. Dort gibt es Flächen, die nicht mehr zu retten sind.
ADDer Kipppunkt ist eigentlich der physische Schwund. Wenn man massive Erosion hat oder der fruchtbare Boden aus anderen Gründen schwindet, ist das sehr schwer wieder aufzubauen. Der Aufbau von Bodenfruchtbarkeit geht weit langsamer voran als der Abbau. Ich spreche mehr über die großen landwirtschaftlichen Anbauflächen, die langsamen Veränderungen infolge menschlicher Aktivitäten ausgesetzt sind. Das ist weltweit der größte Teil des Bodens, der zur Nahrungsmittelerzeugung genutzt wird. Wir müssen unbedingt alles tun, was wir können, um diese Böden richtig zu managen, um diese Art Funktionsverlust zu stoppen oder sie sogar zu verbessern. Das ist möglich, wenn wir es richtig machen.
DHAber wenn die Leute lesen, dass der Mississippi jede Sekunde, in der die Uhr tickt, praktisch einen Kipplaster voll Ackerkrume in den Golf von Mexiko schwemmt, warum sollten sie nicht denken, dass wir in schlimmen Schwierigkeiten sind?
ADWir sollten besorgt sein, absolut; das sind wirklich besorgniserregende Zahlen. Weit höher sind sie wahrscheinlich, wenn man den Amazonas oder größere Flusssysteme dieser Art betrachtet, wo zwei- bis dreimal so viel Regen fällt. Wenn die Öffentlichkeit die unmittelbaren Auswirkungen im Golf von Mexiko sieht, und die hypoxische [sauerstoffarme] Zone, die in der Regel jedes Jahr zwischen 13 000 und 15 000 Quadratkilometer bedeckt – man sieht also die Algenblüte und die toten Fische –, dann ist das in gewisser Weise gut, weil es auf das Problem aufmerksam macht und mehr Anstrengungen fördern sollte, etwas dagegen zu tun.
Die Frage ist, wer wird was tun und wie werden wir – die Öffentlichkeit und die Politiker, die wir wählen – das unterstützen? Denn wenn wir allein dem Landwirt die Schuld geben, der dann all die Kosten tragen muss, während wir Verbraucher die billigen Nahrungsmittel haben wollen, die der Landwirt erzeugt, klingt das nicht nach einer fairen Regelung.
Die Managementpraktiken, um diesen dramatischen Schwund zu stoppen, sind bekannt. Wenn wir intelligenter konzipierte und diversifiziertere Fruchtfolgen haben, können wir sicherstellen, dass wir den Boden den größten Teil des Jahres bedeckt haben – durch Bodendecker im Winter, durch gutes Management während des übrigen Jahres. Es geht nicht nur um Nährstoffversorgung; es gibt auch andere Methoden: reduzierte Bodenbearbeitung, Streifenbearbeitung oder die Bepflanzung der vorhandenen Grate zwischen den Furchen abgeernteter Felder – all die Systeme, die Wissenschaftler und andere im Lauf der Jahrzehnte entwickelt haben. Sie haben sich als wirkungsvoll erwiesen, aber sie sind nicht in ausreichendem Maß aufgegriffen worden. Das ist für Landwirte ein wirtschaftliches Problem; man muss investieren. Es ist eine Frage des Verhaltens. Wir müssen es wollen. Und viele gute Landwirte investieren hier schon von sich aus.
Außerdem ist es eine politische Frage. Wenn die Politik nicht dafür sorgt, dass die Landwirte, die gute Praktiken übernehmen, finanziell unterstützt werden, glaube ich nicht, dass es machbar ist, das auf freiwilliger Basis umzusetzen.
DHEine Funktion von Rothamsted ist die Beratung von Politikern. Aber wir wissen, dass Politiker primär daran interessiert sind, was morgen früh in ihrem Posteingang ist oder wie sie wiedergewählt werden können. Wie kommen Sie an der unumgänglichen Trägheit in der politischen Struktur vorbei?
ADEs ist schwierig, weil unser Denken auf unterschiedlichen Zeitskalen stattfindet, und wahrscheinlich auch auf unterschiedlichen Niveaus ganzheitlichen Denkens.
„Bei uns in der Wissenschaft versuchen wir, das System als Ganzes zu betrachten. Wir sehen uns alle möglichen Fragen an und versuchen dann, zu einer Empfehlung zu kommen, die alles berücksichtigt. Für einen Politiker ist das oft schon zu kompliziert.“
Politiker wollen einfache Lösungen, einfache Botschaften, und das auf einer Zeitskala, die kürzer ist als Wahlperioden. Das ist es, mit dem wir hier bei Rothamsted kämpfen. Schauen Sie, was gerade jetzt in Großbritannien los ist. Ich glaube, seit ich vor fünf Jahren hierher gekommen bin, ist nun schon der fünfte Landwirtschaftsminister im Amt. Einige von ihnen haben sich weniger als ein Jahr gehalten, aber sie sollen neue Politik planen und umsetzen. Sie kommen mit neuen Ideen und Vorhaben, aber sie werden selten in die Verantwortung genommen, diese umzusetzen.
Für mich als Wissenschaftler und Direktor eines bekannten Forschungsinstituts ist es sehr schwierig, daran etwas zu ändern. Ich denke allerdings, dass wir alle besser darin werden müssen, auf konsistenter Basis und auch auf der Basis relativ einfacher Botschaften mit diesen Leuten zu reden und manchmal auch unsere eigene wissenschaftliche Strenge ein wenig beiseite zu lassen. Wissenschaftliche Botschaften in umsetzbare Politikberatung zu übersetzen, ist eine Kunst und die meisten von uns sind darin noch nicht besonders gut. Wir müssen einfach und klar kommunizieren.
DHSie haben gesagt, es gibt einen Unterschied zwischen Erosion und Degeneration oder Verschlechterung von Böden. Der UNO zufolge ist etwa ein Drittel der Böden weltweit heute mäßig bis stark geschädigt. Wodurch werden Böden geschädigt?
ADWenn man durch die Welt reist, selbst wenn man nur Laie oder Tourist ist, kann man den Böden die Unterschiede ansehen. Wenn man in den Mittelwesten Amerikas kommt und Böden mit schwarzer Erde sieht, sind sie – obgleich sie ein gewisses Maß an Degeneration durch menschliche Aktivitäten erlitten haben – im Hinblick auf ihre Fruchtbarkeit und andere Funktionen doch noch viel besser als die Böden in anderen Regionen. Zum Beispiel in Nord- oder Zentralchina, wo seit zwei- oder dreitausend Jahren Ackerbau betrieben wird, oft mit zwei oder drei Ernten pro Jahr. Diese Böden sind noch immer sehr produktiv, weil die Menschen gelernt haben, damit zu leben, aber sie sind anders – mit einem erheblichen Schwund an organischen Stoffen und oft schlechter Bodenstruktur. Andererseits könnten genau diese Böden wegen der menschlichen Aktivität tatsächlich zu viele Nährstoffe angesammelt haben: Überdüngung hat zu Übersäuerung geführt, die sich dann auf das Mikrobiom sowie die Feldfrüchte und ihre Funktionen auswirkt.
Das Schlimmste, das ich gesehen habe, ist in Regionen, wo es seit Jahrhunderten nur eine Form von Landwirtschaft gibt, mit wenig Eintrag oder ohne Eintrag, nicht einmal organisch. In vielen Teilen Schwarzafrikas, wo Bauern keinen Zugang zu oder kein Geld für Düngemittel oder Dung haben oder nicht genug Land, um einen Teil davon für Gründüngungspflanzen zu nutzen, wird der Boden im Grunde Jahr für Jahr abgebaut. Man baut eine Feldfrucht an und das führt zur Erschöpfung oder zu einem Ungleichgewicht von Nährstoffen als Form der Bodendegeneration. Das will kein Landwirt, den ich kenne.
„Es gibt viele Formen der Bodendegeneration und viele Ursachen. Manche sind natürlich, aber die meisten sind sozioökonomisch durch menschliches Handeln bestimmt.“
DHWürden Sie bitte die Rolle des Klimawandels in Ihrer Analyse der Bodenerosion, Bodenschädigung und Nahrungsmittelsicherheit erklären?
ADNun, das ist sehr klar und einfach: Er wird alles nur noch schlimmer und viel schwieriger machen. Wenn man häufiger Trockenheit hat, oder mehr Hitzewellen, wirkt sich das negativ auf den Umsatz organischer Stoffe aus, weil man einfach nicht genügend Feuchtigkeit hat, damit Mikroben alles in stabile organische Stoffe umwandeln können. Auf der anderen Seite verstärken extremere Stürme die Erosion durch Wasser oder Wind.
In manchen Regionen der Erde werden wir weiter produktives Ackerland durch den steigenden Meeresspiegel verlieren. Wenn man z. B. die Riesendeltas in Asien nimmt, wo 30 bis 40 Prozent der weltweiten Reisproduktion herkommen, dort dringt weit mehr Salzwasser ein. Das Mekong-Delta ist wahrscheinlich eines der Hauptbeispiele. Dort strömt Meerwasser bei Flut schon deutlich über 100 Kilometer von der Küste landeinwärts. Durch den Anstieg des Meeresspiegels werden Böden versalzen oder durchnässt oder beides; dadurch gehen Anbauflächen verloren oder es wird viel schwieriger, dort Landwirtschaft zu betreiben. Es ist also eine riesige Sorge und wirkt sich auf alles aus.
DHAuch der Rückgang der Artenvielfalt ist ein Problem. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist Artenvielfalt bei Nahrungsmitteln und Landwirtschaft unverzichtbar für Ernährungssicherheit und nachhaltige Entwicklung. Aber die Artenvielfalt ist auf verschiedenen Ebenen – Insekten, Nutztiere, Vielfalt der Feldfrüchte – überall rückläufig, sodass es für die Landwirtschaft schwer ist, die normale Nahrungsmittelnachfrage zu decken, von einer höheren Nachfrage ganz zu schweigen. Gibt es irgendeinen Grund, optimistisch zu sein?
ADDas ist aktuell eine große Sorge. Die Menschen sind besorgt wegen der abnehmenden genetischen Vielfalt bei den Feldfrüchten und des anscheinenden Schwunds bei Insekten und anderen Nützlingen, die auf die eine oder andere Weise für die Landwirtschaft gebraucht werden.
Beides ist nicht so eindeutig, wie es oberflächlich scheint. Der Rückgang der genetischen Vielfalt ist einfach das Ergebnis der menschengemachten Selektions- und Züchtungsverfahren. Die treibende Kraft sind also Verbraucher, die Nahrungsmittel verschiedener Art haben wollen und sich an bestimmte Erzeugnisse gewöhnt haben, die nur aus bestimmten Feldfrüchten oder Tieren hergestellt werden können.
Manche behaupten, die Landwirte bauten nur ein paar moderne Sorten einer bestimmten Art von Feldfrüchten an. Was aber wirklich geschehen ist, wenn ich Reis als Beispiel nehme, ist, dass jede dieser Arten heute weit mehr genetische Vielfalt in sich trägt als vor 40 Jahren. Als die Grüne Revolution begann, war IR8 die erste moderne Sorte dieser Art. Er hatte nur drei Landrassen in seiner Abstammung. Aber heute hat jede neue Reissorte, die in Asien zum Anbau freigegeben wird, etwa 20, manchmal 30, darunter viele nicht verbesserte Landreisarten oder sogar Wildreisarten. Im Zuchtverfahren werden Gene für viele dieser verschiedenen Arten verwendet.
So gesehen haben wir es möglich gemacht, Feldfrüchte zu erschaffen, die genetisch vielfältiger sind und die dabei den Anforderungen moderner Landwirtschaft entsprechen, denn wir wollen, dass sie resistent gegen Krankheiten sind; wir wollen, dass sie einen bestimmten Geschmack haben oder was auch immer. Das hängt hauptsächlich davon ab, was künftige Verbraucher für ihre Ernährung haben wollen. Dann werden Landwirte es anbauen und Züchter oder Forscher werden es möglich machen.
Die andere Sorge betrifft den Rückgang der Insekten oder einen Rückgang mikrobieller Aktivität in den Böden (der übrigens weit weniger erwiesen ist). Wir haben nicht sonderlich viele zuverlässige Daten. Natürlich – sobald wir beginnen, irgendwo auf der Erde eine bestimmte Art von Landwirtschaft zu betreiben und dadurch die Nutzung von Land zu verändern, verändern wir die Artenvielfalt. Das ist unvermeidlich.
„Wenn wir das umkehren wollen, aus welchem Grund auch immer, müssen wir auf die Frage der Bodennutzungsplanung zurückkommen und fragen, was wir als Menschen, die auf der Erde leben, im Hinblick auf die Umwelt eigentlich wollen. Aber wir müssen auch in der Lage sein, diese Nahrungsmittel zu erzeugen.“
Hier bei Rothamsted haben wir das weltweit am längsten aktive und stabilste Insekten-Überwachungsnetz. Seit über 50 Jahren haben wir ein Netz aus Licht- und Saugfallen überall im Land, in dem wir kleinere und größere Fluginsekten fangen. Und die Methoden haben sich nie geändert. Wir haben einen Rückgang bestimmter Mottenarten im südlichen Teil des Landes gesehen; aber wir haben auch gesehen, dass es bei anderen Arten keine Veränderung oder sogar Zunahmen gegeben hat. Es ist weit vielfältiger als nur ein genereller Schwund. Aber wir sind besorgt darüber, absolut.
DHDas gleichzeitige Wirken von Natur und Mensch führt zu einer interessanten Verbindung, wenn man daran denkt, den Boden und seine Fruchtbarkeit zu bewahren. Wes Jackson vom Land Institute in Kansas hat gesagt: „Wir haben den Reißverschluss der Prärie aufgezogen.“
ADDas ist ein guter Vergleich. Hier in England ließ man vor Jahrhunderten beim „Ley-Farming“ einige Jahre lang Grasland zurückkommen und baute dann wieder Feldfrüchte an. Nicht wenige Landwirte haben in den letzten Jahren eine Mischform aus reduzierter Bodenbearbeitung und diversifizierteren Fruchtfolgen eingeführt – nicht nur Weizen oder Ölsaaten (Raps und dergleichen), auch Bodendecker im Winter, die oft keinen direkten wirtschaftlichen Wert haben; nichts, das man verkaufen kann. Ihre Hauptfunktion ist, den Boden zu bedecken, um ihn zu schützen, um etwas mehr biologische Aktivität zurückzubringen und, in vielen Fällen, um Nitrate aus dem Boden zu ziehen und ihn für die nächste Bebauung bereit zu machen.
Das sind agronomische oder sogar agroökologische Prinzipien, die viele in verschiedenen Regionen der Erde ausprobieren. Mehr von diesen ökologisch nachhaltigen Praktiken in die intensive moderne Landwirtschaft zurückzubringen, und das auf Hunderten von Millionen Hektar weltweit, ist für mich ein riesiger Teil der künftigen Lösung.