Genetisch veränderte Babys: Die Sicht eines Insiders
Der Neurobiologe und Bioethiker William B. Hurlbut von der Universität Stanford spricht über seine Sicht auf Jiankui Hes Absichten für Eingriffe in die Keimbahn, die Unantastbarkeit des menschlichen Embryos als moralische Frage und die Manipulation unserer genetischen Zukunft.
Als im November 2018 die chinesischen Zwillingsmädchen Lulu und Nana geboren wurden, kamen sie zu über acht Millionen Babys hinzu, die mithilfe von ART (assistierter Reproduktionstechnik) entstanden sind. Wäre das schon ihre ganze Geschichte, dann wäre ihre Geburt kaum bemerkt worden – ein Segen für ihre Eltern und ein normaler Neuzugang in der menschlichen Familie. Aber das ist eben nicht die ganze Geschichte. Sie sind die ersten Menschen, die mit einer absichtlichen, neun Monate zuvor durchgeführten genetischen Veränderung zur Welt gekommen sind.
Als Lulu und Nana erst einzellige Embryonen waren, kleiner als der Punkt auf diesem i, wandte der chinesische Biophysiker Jiankui He CRISPR-Techniken zur genetischen Veränderung an, um ein Gen zu eliminieren, das bei bestimmten Typen von HIV-Infektionen eine Rolle spielt. In einem PR-Video, das gleichzeitig mit der Meldung ihrer Geburt veröffentlicht wurde, bezeichnete He das Verfahren als „Genchirurgie“, um „eine Erbkrankheit zu heilen und lebenslangem Leiden vorzubeugen“. Tatsächlich war es nicht sein Ziel, eine Krankheit zu heilen (keiner der Embryonen war mit HIV infiziert); dieser Eingriff war vielmehr ein Versuch, eine Art natürlicher Immunität zu schaffen, die in asiatischen Populationen als wenig verbreitet galt. „Ihre Eltern wollen kein Designerbaby“, versicherte He in seinem Video, „nur ein Kind, das nicht an einer Krankheit leiden wird, der die Medizin nun vorbeugen kann.“ Der Kindsvater, erklärte er, sei HIV-positiv.
„Wir hoffen, Sie haben Erbarmen mit ihnen“, sagte He.
„Genchirurgie ist eine Technik des Heilens und sollte es bleiben. Den IQ zu erhöhen oder die Haar- oder Augenfarbe zu wählen, ist nichts, das liebende Eltern tun. Das sollte verboten werden. Ich verstehe, dass meine Arbeit umstritten sein wird, aber ich glaube, dass Familien diese Technik brauchen.“
Zwar hielt He seine Arbeit geheim, aber er suchte durchaus Rat zu den ethischen Aspekten der Keimbahnbearbeitung. Eine Quelle, der er vertraute, war William B. Hurlbut, der von 2002 bis 2009 Mitglied des amerikanischen „President’s Council on Bioethics“ war. In einem Interview von 2006 sprach Hurlbut mit Vision über die ethischen Aspekte der Stammzellenforschung an menschlichen Embryonen. Als Lehrbeauftragter für Neurobiologie an der Stanford University School of Medicine spricht er nun erneut mit Dan Cloer von Vision, dieses Mal über seinen Kontakt mit Jiankui He (im Folgenden auch „JK“).
DCSie sollen gesagt haben: „Ich wusste, worauf er [Jiankui He] zusteuerte, und versuchte, ihm ein Gefühl für die praktischen und ethischen Implikationen zu vermitteln. Aber er kam immer wieder auf das Gute zurück, das man damit bewirken könne.“ Das klingt, als hätten Sie ihm gesagt, Keimbahnbearbeitung sei nichts Gutes, aber er hätte gesagt, sie sei sehr wohl etwas Gutes, das man so bald wie möglich tun sollte.
WH Ich sehe, dass das etwas verwirrend ist. Ich meinte, dass ich über das, was er tat, ohnehin nie einig mit ihm war. Aber abgesehen von meiner persönlichen Meinung darüber habe ich ihm nahegelegt, nur sehr, sehr langsam da heranzugehen. Genau dazu hat die Organisation „National Academies“ aufgerufen. Zwar bin ich nicht immer derselben Meinung wie sie – zum Beispiel bei dem Problem der Herstellung und Vernichtung von Embryonen –, aber ich denke schon, dass es klug ist, wenigstens beim Thema wissenschaftlicher Konsens und öffentliche Beteiligung ihrem Rat zu folgen. So habe ich JK gesagt, ganz abgesehen davon, was ich persönlich von Ihrem Projekt halte, müssen Sie langsamer vorangehen und sich an die Herangehensweise der „National Academies“ halten. Das sind Ihre Fachkollegen, und diese Leute haben mehr kollektive Weisheit, als ein Einzelner haben kann.
DCHat JK spezifisch über die Veränderung von Embryonen in Bezug auf HIV gesprochen?
WHJa, darüber hat er gesprochen, aber ich wusste nicht, dass er schon kurz davor war, zu implantieren. Ich wusste, dass das sein Ziel auf lange Sicht war.
DCMan konnte sich denken, dass irgendwann jemand eine Keimbahnbearbeitung versuchen würde.
WHSchon, ja. Das wäre irgendwann passiert, und wahrscheinlich ziemlich bald.
DCGlauben Sie, dass so etwas von irgendeinem anderen Forscher bevorsteht?
WHIch hoffe doch, dass alle wieder ein bisschen nüchterner geworden sind. Meinen Sie nicht?
[Nach diesem Interview kündigte der russische Biologe Denis Rebrikov seine Absicht an, Hes CCR5-Genbearbeitung zu wiederholen, mit modifizierten Protokollen, und auch mit CRISPR Embryonen zu verändern, um erbliche Gehörlosigkeit bei Kindern gehörloser Eltern zu verhindern.]
DCJa, aber wir könnten in irgendeiner Phase der Schwangerschaft mit einem weiteren Baby sein, das erst bekannt gemacht wird, wenn es geboren ist.
WHDas ist wahr. Gerade jetzt, in diesem kritischen Umfeld, wird vielleicht nichts darüber gesagt, selbst wenn es geboren wurde. Aber es gibt ein weiteres Baby. Das wussten Sie, oder?
DCJa, ich habe gehört, dass JK noch ein Baby hat, das noch nicht geboren ist. Aber ich warte noch auf wirkliche Beweise, dass das tatsächlich passiert ist. Wer hat Nana und Lulu gesehen? Es fällt schwer, den Nachrichten zu trauen; Dinge werden berichtet, dann verschwinden sie – eine Nachrichten-Luftspiegelung. Vielleicht war das nur ein Versuchsballon, um zu sehen, wie die Leute reagieren würden?
WHIch war nicht im Raum, aber es ist passiert. Die Zwillinge sind passiert. Das ist so sicher, wie wenn man aus den Nachrichten weiß, dass irgendein Promi ein Kind bekommen hat. Ich habe Fotos gesehen, und ich weiß ziemlich viel darüber. Sie können darauf vertrauen, dass es passiert ist; aber ob der Eingriff wirksam war oder nicht, das wissen wir nicht.
Aber bei manchen Dingen haben Sie recht, skeptisch zu sein. Ich denke da an Hwang Woo-suks betrügerische Behauptung, er habe menschliche Embryonen geklont [2004]. Aber das hier ist real. Hwang dachte, man könnte es nicht herausbekommen, bevor er es tatsächlich tun konnte. Ich bin ihm begegnet, und JK ist ein ganz anderer Typ.
„JK ist ein sehr netter Gesprächspartner und aufrichtig bestrebt, Gutes zu tun. Er geht an die Grenzen, vielleicht über die Grenzen hinweg, aber er ist kein Lügner.“
JK war sicher ehrgeizig und wollte mit etwas Wichtigem der weltweit Erste sein; er wollte in einem gewissen Maß Ruhm und Reichtum haben. Es liegt einfach in der menschlichen Natur, Erfolg, Prestige und finanziellen Gewinn haben zu wollen, und viele Menschen handeln so. Aber ich glaube, der springende Punkt ist, dass JK ein erhebliches Maß an Idealismus hatte und hoffte, er würde Menschen helfen. Er sagte mir immer wieder: „Wir müssen das voranbringen, denn diese Wissenschaft ist sicher.“ Er war überzeugt, diese Wissenschaft sei sicher.
Ich kann nicht sagen, ob das stimmt, aber aus Gesprächen mit Leuten in dem Fach habe ich den Eindruck, dass die ungewollten Effekte [zufällige Veränderungen im Genom] wahrscheinlich beherrschbar sind. JK meinte, wenn wir zu lange warteten, würde die Diskussion den Fortschritt verzögern, bis man den Patienten, die eine Keimbahntherapie brauchen, und Eltern, die sie für ihre Kinder wollen, helfen kann.
DCWar He besorgt, dass diese Arbeit das Gegenteil bewirken und den Fortschritt bremsen könnte, bis das akzeptiert und klinisch angewandt wird?
WHÜber all das habe ich mit ihm gesprochen. Ohne zu wissen, dass er das schon gemacht hatte, habe ich ihm immer wieder gesagt: „Sie sind zu begierig darauf; Sie werden sich am Ende selbst desavouieren. Und ja, Sie könnten sogar die Wissenschaft ausbremsen.“ Im Nachhinein (ich habe nach der ersten Bekanntmachung mit ihm gesprochen) meinte JK, er würde mit Kritik in Europa und Amerika konfrontiert werden und es würde einige Zeit dauern, bis man dort umdachte. Aber er dachte nicht, dass er in seinem eigenen Land so kritisiert werden würde. Ich glaube, er hatte wohl recht – wäre die Zwillingsgeburt nicht bei dem Gipfeltreffen [in Hongkong im November 2018] ausposaunt und von den anwesenden Wissenschaftlern rundweg verurteilt worden, wäre das Ergebnis vielleicht ein anderes gewesen. Wären die Ergebnisse so veröffentlicht worden, wie er es gewollt hatte, statt ausposaunt zu werden, wäre JK, glaube ich, nicht in solche Schwierigkeiten geraten, und in China vielleicht gar nicht.
DCWie hätte er die Ergebnisse veröffentlichen wollen?
WHHe war dabei, seine Arbeit bei führenden Fachzeitschriften einzureichen, und er wollte, dass die Zeitschriften sie guthießen und veröffentlichten. Er hatte mit Associated Press arrangiert, dass sie kamen und ihn filmten, und das hatten sie getan. Aber zu diesem Zeitpunkt war die Geschichte noch vertraulich. Er wollte die Presse nicht nur für den Ruhm, sondern auch, weil er wusste, dass es dramatisch sein würde. Er fühlte sich mit seinem Englisch und seinem Mangel an Erfahrung nicht fähig, die Situation klar genug darzulegen.
DCSie sagen also, die Vorabaufnahmen sollten der Klarheit dienen?
WHJa. Ich habe ihm gesagt: „JK, wenn Sie das tun, wird es in jeder Zeitung überall auf der Welt Schlagzeilen machen. Das ist Ihnen bewusst, oder?“ Das konnte ich ihm einigermaßen deutlich machen, aber er dachte nicht, dass es so kritisiert werden würde, wie es dann geschah (als Sensationsmache). Es ist eigentlich eine traurige Geschichte. Hier ist ein Typ aus einem kleinen Dorf, und er hatte einfach nicht so viel Lebenserfahrung, um das in die richtige Perspektive zu rücken.
DCUnd seine Wissenschaft? Als ich die Nachricht sah, hatte ich zunächst Zweifel an seiner Qualifikation für diese Art von Arbeit.
WHHe ist eine Art Biophysiker, und darin hat er durchaus Format. Er war wahrscheinlich einer der Besten unter denen, die Teile dieses Projekts durchgeführt haben – das Sequenzieren, die Untersuchung der Veränderungen. Deshalb denke ich nicht, dass dies das Problem war. Was mangelhaft war, war sein Wissen, wie man an eine klinische Studie herangeht.
DCWas ist bei dem Gipfel für JK falsch gelaufen? Er hatte seine Daten zur Publikation eingereicht und Medienaufnahmen gemacht, um seine Arbeit zu erklären, und dann?
WHEs war nicht die Arbeit, es war das Timing. Wäre sie veröffentlicht worden, hätte der Publikationsprozess selbst wegen der normalen Überprüfung, die dazugehört, eine gewisse Glaubwürdigkeit gebracht; die Analyse der Daten wäre gründlich geprüft worden. Auch die ethischen Grundlagen hätte man sich genau angeschaut. Aber das wäre ein langer Prozess gewesen, der die Veröffentlichung wahrscheinlich bis 2019 verzögert hätte.
Aber plötzlich war JK bei dem Gipfeltreffen zur Genbearbeitung gezwungen, die Daten vorzeitig und unter psychischem Zwang mittels Präsentationsfolien vorzustellen. Das war das Gegenteil von dem, was er gewollt hatte. Er wollte nicht, dass es ausposaunt wurde und bei dem Gipfel für eine peinliche Situation sorgte. Aber die Zeitschrift MIT Tech Review brachte einen Exklusivbericht darüber, nachdem ihre Autoren die regulatorischen Unterlagen in Shenzhen durchgesehen hatten [wo He an der Süd-Universität für Wissenschaft und Technik arbeitete]. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Keimbahnbearbeitung schon gemacht worden war. Es war ein Meisterstück des investigativen Journalismus, aber die vorzeitige Offenlegung machte JKs Plan vollkommen zunichte.
DCRückblickend scheint mir, dass es JKs Plan war, bei dem Gipfel die ethischen Argumente für eine sichere Keimbahnkorrektur vorzutragen. Das ist die Ausarbeitung, die ich gesehen habe, bevor sie aus dem Programm genommen wurde. Das hätte den Boden für die spätere Meldung der Geburt von Lulu und Nana bereitet.
WHDas stimmt. JK sollte weniger als zehn Minuten Redezeit bekommen und dann an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Da hätte jemand fragen können: „Haben Sie das schon gemacht?“ oder „Wann wollen Sie das machen?“ Aber hätte niemand gefragt, dann wäre alles in Ordnung gewesen, denn er hatte nicht vor, es dort offenzulegen. Aber so haben alle verloren; es ist in jeder Hinsicht eine Tragödie.
Später, als er richtig niedergeschlagen war und sich gebührend zurechtgewiesen fühlte, schrieb er mir eine E-Mail. Er schrieb, dass er sich mit dem, was er getan hatte, nicht gut fühlte und wünschte, er hätte lieber gewartet, wünschte, er wäre es vorsichtiger angegangen, und er schrieb, dass er das falsche Ziel gewählt habe [das Gen CCR5]. Er empfand schon Reue – beträchtliche Reue, schrieb er. Es ist eine schlechte Situation, aber man kann nur ein gewisses Maß an Mitgefühl mit ihm haben. Er hat das Leben von zwei Kindern gefährdet, er hat sich über den allgemeinen Konsens in der Welt der Wissenschaft hinweggesetzt, und er hat zu schnell gehandelt.
„Es ist schwer zu sagen, ob JK letztlich berühmt oder berüchtigt sein wird. Vielleicht etwas von beidem.“
DCDie Anfänge der In-vitro-Befruchtung (IVF) in den 1970er-Jahren waren auch recht umstritten, aber haben Robert Edwards und Patrick Steptoe nicht offener mitgeteilt, was sie taten?
WHNicht wirklich. Es war bekannt, dass sie seit mehr als zehn Jahren an IVF und Unfruchtbarkeit arbeiteten, aber die Versuche mit Menschen – und das waren viele – waren alle gescheitert. Das war nicht allgemein bekannt. Dennoch wussten die Browns, dass sie etwas Experimentelles taten, aber sie rechneten nicht damit, dass ihre Louise das erste erfolgreich zur Welt gebrachte „Retortenbaby“ sein würde. Sie haben insofern recht, als JK von Robert Edwards und der aktuelleren Forschung an Drei-Eltern-Embryonen durch Mitochondrientransfer wusste. Ihm war klar, dass solche großen Erstereignisse in der Wissenschaft oft ohne nennenswerte Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinden. Aber in die Keimbahn einzugreifen, ist von anderer Art als alles, was zuvor gekommen ist: Dies hat Auswirkungen auf den Genpool der Spezies Mensch. Ein Fehler könnte sich theoretisch durch die Generationen fortpflanzen. Es sind nicht nur die Babys, die er behandelt – er behandelt alle Kinder, die von dem Leben dieser Babys stammen werden.
DCMich wundert, dass dieses Thema nicht breiter diskutiert wird. Die Forschergemeinschaft ist sehr aktiv, aber insgesamt scheint die öffentliche Reaktion sehr verhalten und überwiegend gleichgültig.
WHEs ist sehr beunruhigend, dass die Welt nicht besorgter ist. Vielleicht kommt das dabei heraus, wenn Nachrichten auf Trivialitäten reduziert werden. Und das ist ziemlich übel, denn diese Fragen sind monumental. Dies ist tatsächlich anders als alle anderen Nachrichten; es geht wirklich um die Zukunft unserer Spezies. Die meisten Dinge kommen und gehen, aber das hier wird uns bleiben.
Dennoch glaube ich, dass Genetic Engineering in der Keimbahn – wenn es nicht in illegale Reproduktionskliniken abgleitet – kein großes Phänomen sein wird, jedenfalls nicht in den nächsten Jahrzehnten. Das wirkliche Problem bleiben für mich die Herstellung und Vernichtung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken. Das ist das Kernproblem: Die Verwendung menschlicher Embryonen als Mittel zum Zweck – ihre Instrumentalisierung – wird weiterhin übersehen. Das Problem ist, dies ist eine sehr wichtige Forschung, aber es ist nicht so, als würde man etwas in einem Reagenzglas untersuchen. Diese Embryonen sind lebendige Organismen. Die Verwendung menschlicher Embryonen zur entwicklungsbiologischen Forschung bleibt eine Riesengeschichte.
DCEs ist ein Scharnier der Geschichte; wir haben die Türen zu einer neuen Welt aufgestoßen.
WHDie Revolution in der Biologie gewinnt wirklich an Fahrt. CRISPR war der Schlüssel, denn es macht es so schnell und so einfach, auf kontrollierte Weise Gene zu verändern. Natürlich finden an vielen Fronten Fortschritte statt, weil sich verschiedene Technologien überschneiden: Gensequenzierung, synthetische DNS, Mikroinstrumente zur Manipulation des Materials und Informationstechnologie – all das kommt dazu, mit Karacho. Ich glaube, all das wird in der Neurobiologie, meinem eigentlichen Forschungsgebiet, kulminieren.
DCWerden wir also irgendwann einem Embryo mit CRISPR ein modernisiertes Gehirn verpassen? Wusste JK, dass das CCR5-Gen in dem Verdacht stand, neben seinem Potenzial, HIV zu blockieren, eine kognitive Rolle zu haben?
WHEs gibt Publikationen, die nachzuweisen scheinen, dass CCR5 tatsächlich kognitive Effekte hat. JK wusste, dass ein Effekt bei Mäusen gemeldet worden war. Soweit ich weiß, wusste er nicht von einem Effekt bei Menschen; diese Berichte sind erst vor kurzer Zeit veröffentlicht worden.
Ich habe JK immer wieder gesagt er könne nicht davon ausgehen, dass er hier nur an einer einzigen Sache operiere. Wir haben nur etwa 19.000 Gene, die Proteine kodieren. Es ist also unmöglich, dass Gene nur eine Sache machen. Es ist Pleiotropie: Jedes Gen macht viele Dinge, wirkt auf viele Dinge ein. Es ist nicht wie ein Topf Suppe, in den man eine Zutat nach der anderen gibt; es entwickelt sich alles zusammen. CCR5 wird wahrscheinlich viele Dinge beeinflussen. Wie dieses Geflecht von Interaktionen funktioniert, ist eine faszinierende Studie, aber wir brauchen eine korrekte moralische Grundlage. Wir wollen diese Verbindungen erforschen, aber sollten wir überhaupt menschliche Embryonen für Forschung und Manipulation herstellen?
DCWir brauchen offenbar Entscheidungen und Regeln. Aber woher sollen die kommen?
WHDas Buch meines Sohnes Benjamin, Experiments in Democracy, beschreibt, wie man diese Dinge regulieren könnte. [Benjamin Hurlbut ist Associate Professor an der Arizona State University.] Wir müssen überlegen, was ein Embryo ist, und wie man damit umgehen sollte. Und es gilt, neue Iterationen am Horizont zu bedenken: synthetische Embryonen, Schimären [in diesem Fall Embryonen mit einer Kombination aus menschlichem und tierischem Genom], zerebrale Organoide [gezüchtete „Mini-Gehirne“].
Wir sind an der Spitze des Eisbergs. Viele, viele Dinge werden über Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte Herausforderungen für uns sein.